Sinusvenenthrombose nach Impfung

Sinusvenenthrombose nach Impfung

An den leicht zu erhebenden ophthalmologischen Befund einer Stauungspapille bei einer Sinusvenenthrombose erinnert die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft (DOG). Anlass sind die Sinusthrombosen, die bei einigen wenigen Menschen nach Impfung mit dem vektor-basierten Impfstoff von Astrazeneca aufgetreten sind.

Leitsymptome einer SVT sind anhaltende Kopfschmerzen und andere neurologische Symptome.(c) zinkevych/ stock.adobe.com

Das Paul-Ehrlich-Institut hatte bis zum 10. April 2021 insgesamt 42 Verdachtsfälle einer Sinusvenenthrombose (SVT) nach einer Impfung mit dem Impfstoff von Astrazeneca gemeldet. In 35 Fällen waren Frauen im Alter von 20 bis 63 Jahren betroffen, darüber hinaus sieben Männer zwischen 24 und 58 Jahren. „Die Zahlen legen nahe, dass ein höheres Risiko für eine zerebrale Sinusvenenthrombose nach der Impfung nicht auszuschließen ist“, sagt Professor Dr. med. Helmut Wilhelm, Neuroophthalmologe an der Universitäts-Augenklinik in Tübingen. Aufgrund der Verdachtsfälle wird eine Impfung mit Astrazeneca in Deutschland nur für über 60-jährige Personen empfohlen; unter 60-Jährige sollen sich mit diesem Vakzin erst nach individueller Risikoanalyse und sorgfältiger Aufklärung impfen lassen.

„Damit sind die am stärksten gefährdeten Risikogruppen von der Impfung ausgenommen“, so Wilhelm. Dennoch werde es weiterhin Menschen geben, die nach einer Covid-19-Impfung unter starken Kopfschmerzen leiden – ein Symptom, das auch in 90 Prozent aller SVT-Fälle auftritt. „Bei anhaltenden Kopfschmerzen über mehrere Tage, die sich trotz Einnahme frei verkäuflicher Schmerzmittel nicht bessern, kommt daher eigentlich eine Untersuchung mit Computer- oder Magnetresonanztomographie in Betracht, um den Verdacht auf eine SVT auszuschließen, was aber oft nicht zeitnah möglich ist“, erläutert der Tübinger Neuroophthalmologe. „Dann sollte man vorsichtshalber den Gang zum Augenarzt antreten.“ Dies gelte ganz besonders, wenn Risikofaktoren für eine SVT wie Übergewicht oder Gerinnungsstörungen vorliegen.

„Die Stauungspapille zeigt sich in bis zu 85 Prozent aller Fälle“, erklärt Wilhelm. „Damit ist die augenärztliche Untersuchung eine valide und zugleich wenig aufwändige Methode, einen großen Teil der SVT-gefährdeten Patienten niederschwellig zu erfassen“, betont Wilhelm. Ein Drittel der SVT-Betroffenen leidet zusätzlich unter Sehstörungen.

Leitsymptome einer SVT sind anhaltende Kopfschmerzen und andere neurologische Symptome. Da es allerdings als Impfreaktion bei vielen Personen zu vorübergehenden Kopfschmerzen kommen kann, ist es nicht notwendig bei jedem Menschen, der nach der Impfung über Kopfschmerzen klagt, eine weiterführende neurologische Diagnostik mit Bildgebung durchzuführen, rät die Deutsche Gesellschaft für Neurologie. Diese sollte Personen vorbehalten bleiben, die in den ersten zwei bis drei Wochen nach der Impfung über einen Zeitraum von mehreren Tagen neuartige und ungewöhnlich starke Kopfschmerzen bemerken, welche auf die üblichen, frei verkäuflichen Analgetika nicht oder nur unzureichend ansprechen. In solchen Fällen und insbesondere, wenn sich zusätzliche neurologische Symptome wie halbseitige Lähmungen und/oder Gefühlsstörungen, Sprachstörungen oder epileptische Anfälle entwickeln, sollte umgehend weitere Diagnostik erfolgen. Kleine, punktförmige Einblutungen (Petechien) in die Haut vor allem der Extremitäten können zudem auf eine Thrombozytopenie hindeuten, wie sie bei einem Teil der Fälle mit zerebraler Sinusvenenthrombose beobachtet wurde. Bei der Abklärung sollte eine Gerinnungsdiagnostik mit Blutbild einschließlich Thrombozytenzahl und Bestimmung der D-Dimere erfolgen.

Für die komplexe Behandlung von Patienten mit zerebraler Sinusvenenthrombose im möglichen Kontext einer Impfung bzw. in Assoziation mit einer Thrombozytopenie sollte auf jeden Fall hämostaseologische Expertise hinzugezogen werden. Die Gesellschaft für Thrombose- und Hämostaseforschung e.V. empfiehlt bei nachgewiesener Autoimmungenese der CVST ausser dem Einsatz HIT-kompatibler Präparate (z.B. Argatroban) die hochdosierte Gabe von intravenösen Immunglobulinen).

21.04.2021, 13:10, Autor: Dr. Thomas Kron

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert